Vom Erwachsenwerden

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20 March 2024

Hallo, meine Name ist Clair Willcocks, ich bin 29 Jahre alt und die PKU-Bloggerin von Galen Medical Nutrition. Ich habe eine klassische Phenylketonurie (PKU), die bereits 8 Tage nach meiner Geburt diagnostiziert wurde. Ich kann pro Tag 250 mg Phe (Phenylalanin) essen und nehme derzeit 6 Mal täglich das Eiweiß-Supplement PKU EASY Microtabs.

Ein unabhängiger Mensch zu werden, gehört zu den herrlichsten und unheimlichsten Gefühlen der Welt. Ob es sich darum dreht, endlich Deine eigene Wohnung zu bekommen, mit Freunden zusammenzuziehen oder einem Partner, oder zur Uni zu gehen. Wie auch immer, man ist plötzlich weg von den Eltern und frei zu entscheiden, was man tun will, wie man leben und was man kaufen will. Du willst die Marken-Chips und nicht die Billigvariante? Ja dann, nur zu! Du möchtest mit Freunden bis 3.00 Uhr früh Filme gucken? Dann brauchst Du nicht mehr um Erlaubnis zu fragen oder befürchten, dass Du andere störst. Du willst die Wohnung putzen und dabei Heavy Metal bei schwachsinniger Lautstärke röhren lassen? Die ganze Welt steht Dir offen! Allerdings ist das nicht nur das beste Gefühl, sondern auch das furchterregendste, denn DU HAST DIE FREIE WAHL.

Das wurde mir klar, als mein Freund und ich am Anfang zusammenlebten. Es gab keine Eltern mehr, die mir sagten oder mich erinnerten, was zu tun war. D. h. Ich musste mich bewusst entscheiden, früh genug ins Bett zu gehen, damit ich am nächsten Tag hellwach und leistungsfähig war; nach jeder Mahlzeit abzuwaschen, damit nicht überall Stapel von schmutzigem Geschirr standen, gesund zu essen und Mahlzeiten zuzubereiten, statt jeden Abend einen Lieferdienst kommen zu lassen. Ich musste meine eigenen Grenzen setzen und mich selbst unter Kontrolle halten, denn keiner würde mir zu Hilfe kommen, wenn ich den Wecker nicht stellte und verschlief, sodass ich zu spät zur Arbeit kam!

Das wird zehn Mal heftiger, wenn man PKU hat; denn 18, 25 oder 30 Jahre haben die Eltern für Deine Mahlzeiten gesorgt, Dich genervt, dass Du Deine Ergänzungspräparate nimmst oder Dich rechtzeitig geweckt. Und auch wenn sie wollten, dass Du trotz Deiner PKU ab einem bestimmten Alter so unabhängig wie möglich sein solltest, wusstest Du, dass sie dennoch immer ein Auge auf Dich haben würden, um Dich auf dem rechten Weg zu halten. Von dem konntest Du niemals zu weit abweichen, ohne dass Deine Eltern sich einschalteten.

Da war ich nun plötzlich mit 19, und saß mit meinem Freund in unserer Mietwohnung – Xbox und Fernseher auf dem Boden, weil wir noch keinen Ständer dafür hatten. Beide waren wir nach der Arbeit müde, und das Geschirr von gestern Abend war noch nicht gespült. Ich bin so hungrig, ich habe nicht nur keine Energie mehr zu kochen, ich habe auch keine Energie mehr, meine Abendportion Ergänzungsmittel zu nehmen, da dreht sich mein Freund zu mir und meint: “Lieferdienst”?

Wenn man aber nicht vorsichtig ist und niemanden hat, der auf einen aufpasst, dann verwandelt sich der Lieferdienst “nur das eine Mal” in “jeden Freitag” und dann jeden zweiten Tag. Genauso ging es mir auch mit meinem Ergänzungspräparat. Der eine verpasste Drink wurde zu zwei verpassten Drinks am Tag und dann zum absoluten Minimum von “Na, wenigstens hatte ich heute den einen!”.

Seither sind 11 Jahre vergangen. Was habe ich getan, um mein Leben zu organisieren, meine Diät und meinen Tagesablauf zu verbessern, damit ich eine funktionstüchtige und blühende Erwachsene (jedenfalls meistens!) mit PKU sein kann?

Prioritäten

Wie schon gesagt, war das Größte an meiner eigenen Wohnung und meiner Unabhängigkeit, dass ich bald unglaublich überfordert von dem Versuch war, alles erledigt zu bekommen. Zu der komplexen Diät, die ich befolgen muss, kam noch Putzen, Aufräumen (was ja nicht dasselbe ist!), Wäsche waschen, das Auto am Laufen halten, meine Finanzen einteilen, mit anderen etwas unternehmen, für meine geistige und körperliche Gesundheit sorgen. Es ist nicht verwunderlich, dass ich mich bald schon ausgebrannt fühlte und alles schleifen ließ, alles ignorierte und den leichtesten Weg wählte, nämlich: mir nicht die Mühe machte, zu kochen, meine Ergänzungsmittel zu nehmen und einfach irgendetwas zu Essen bestellte.

Prioritätensetzen heißt das Zauberwort. Ich habe inzwischen gemerkt, dass die PKU immer zuerst kommen muss, bevor ich irgendetwas anderes tue; denn ohne meine Ergänzungspräparate und meine Nahrungsmittel habe ich gar nicht die Energie, irgendetwas anderes zu erledigen. Ich weiß zum Beispiel, dass ich mein erstes Ergänzungspräparat brauche, bevor ich morgens irgendetwas tue, denn das gibt mir die Energie, mich auf das zu konzentrieren, was als nächstes dran ist, und ich kann auch abschätzen, wie hungrig ich bin und was ich mit den verfügbaren Substitutionen essen kann.

Wenn ich meine Ergänzungsmittel hatte und gegessen habe, kann ich mir realistische Ziele und Prioritäten setzen. Ich kann mich hinsetzen und mich fragen, was an diesem Tag alles zu tun ist? Ich habe herausgefunden, dass ich Druck wegnehmen kann, wenn ich mir sage, dass ich nicht an jedem Tag das GANZE Haus putzen muss. Heute muss ich nur Wäsche waschen und aufhängen, den Geschirrspüler ausräumen und nur unten staubsaugen. Je mehr ich meine Tagesliste kürze, desto mehr Zeit kann ich jeder einzelnen Arbeit widmen. Je weniger ich versuche, alles hineinzuquetschen und das in kürzester Zeit zu tun, desto geringer ist die Gefahr, dass ich überfordert und ausgebrannt bin. Jedenfalls habe ich auf die harte Tour gelernt, dass ich mich zuerst um meine PKU kümmern muss, denn wenn meine Ergänzungspräparate und die Ernährung nicht an erster Stelle kommen, habe ich keine Chance, mich um mich selbst und alles andere zu kümmern.

Motivation

Es geht auch darum, die richtige Motivation zu finden , damit ich weitermache, bei der Diät bleibe, und meine Hausarbeit bewältige. Mir reicht als Motivation nicht: “weil Du das solltest” oder “weil’s gut für mich ist”. Bei den Hausarbeiten war, wie ich herausgefunden hatte, meine Motivation, das Haus in Ordnung zu halten ganz einfach, dass ich umso weniger Dinger verliere, je ordentlicher mein Haus ist, und Stellen für bestimmte Dinge wie meine Schlüssel zu finden, sodass ich Zeit und Energie spare, wenn ich nicht jedes Mal, wenn ich aus dem Haus gehe, hektisch nach diesen Dingen suchen muss. Mit dem Kochen ist es dasselbe: je mehr ich mich bemühe, bessere Mahlzeiten zuzubereiten, umso weniger muss ich Lieferdienste in Anspruch nehmen, was mir Geld spart und meine Blutwerte davor bewahrt, verrückt zu spielen.

Mit meiner PKU war es dasselbe: Ich begann die negativen Effekte wahrzunehmen, die das Auslassen meiner Ergänzungsmittel auslöste (etwas , von dem unsere Eltern wahrscheinlich hofften, dass wir es nicht durch Erfahrung lernen müssten),und nun habe ich mich dadurch gekämpft: Ich befolge wieder meine Diät und nehme meine Ergänzungsmittel, und ich sehe die Veränderungen, die sich einstellen: Ich kann sehen, wie ich mich leichter konzentrieren kann, wie ich weniger Stimmungsschwankungen habe, und ich leide nicht dauernd an dieser unterschwelligen Angst, welchen Schaden ich mir selber zufüge. Und das motiviert mich, so weiterzumachen.

Meine stärkste Motivation besteht darin, dass alles, was ich tue zu einer aktiven und positiven Änderung wird und mir das Gefühl gibt, dass ich mir durch kleine Gaben an mein zukünftiges Selbst Liebesbeweise zukommen lasse. Ob diese Gabe darin besteht, mir ein Spaghetti- oder Curry-“Großgebinde” auf Vorrat zu kochen, sodass ich an den Tagen, wo ich wirklich nicht kochen will, nicht nachdenken oder mein Konto plündern muss, sondern einfach etwas davon in die Mikrowelle stecken und somit etwas Gutes und Sättigendes essen kann, das so viel besser für mich ist. Oder ich schenke mir selbst, dass ich spüle und aufräume, bevor ich das Haus verlasse, und wenn ich dann wiederkomme, betrete ich ein sauberes, ordentliches Heim, wo ich mich dann einfach nur ausruhen kann. Dinge nicht tun, weil man sie tun sollte, sondern weil man es so will und weiß, wie viel besser man sich dann später fühlt.

Organisation

Organisation bedeutet nicht, dass man einen kompletten schriftlichen Plan für jede Mahlzeit und jeden Tag der Woche haben muss oder eine ausufernde Liste, welche Hausarbeiten am Wochenende alle anfallen. Für mich bedeutet sie, sich in kleinen Schritten zu organisieren und die Dinge zu kaufen, die wertvolle Zeit und Energie sparen, die man besser für etwas anderes nutzen kann.

Etwa einen elektrischen Gemüseschneider zu haben, statt für die Pastasaucen ewig Gemüse zu schnippeln, oder tiefgefrorenes, bereits zerkleinertes Gemüse zu kaufen, dass einfach in den Topf geworfen und zubereitet wird. Meine Ergänzungsmittel in jeder kleinen oder großen Tasche griffbereit zu haben, die ich benutze, damit ich nicht plötzlich ohne dastehe, wenn ich unterwegs bin.

Essensbehälter im Überfluss zu kaufen, wenn man auf Vorrat kochen möchte, damit sie einem nicht ausgehen, weil alle schmutzigen noch im Geschirrspüler sind. Ein Whiteboard für die Küche anzuschaffen und die Substitutionen anhand einer Strichliste zählen, sodass alles übersichtlich und sichtbar ist, anstatt ein komplettes Excel-Spreadsheet aufzurufen. Ein Handy mit Zeituhr zu haben bzw. sich eine billige Smartwatch zu kaufen, die einen an die Einnahme der Ergänzungspräparate erinnert.

Vielleicht klingt es nach Geldverschwendung, ist übertrieben oder man hat sogar das Gefühl, dass man schummelt. Aber so wie ich es sehe, ist es egal, wie klein oder groß etwas ist, solange es seine Aufgabe erledigt, wenn es mir zu besserer Organisation verhilft, hilft, dass ich mich ernähre und meine Ergänzungspräparate in mir landen, dann ist das alles, was zählt.

 

‘Schlechte’ Tage kommen eben vor.

So, alle meine Geräte sind an Ort und Stelle, Ich habe Reserven im Tiefkühler, meine Sporttasche ist fürs Training nach der Arbeit gepackt, aber wenn ich morgens aufwache, ist mir das alles warum auch immer egal. Vielleicht liegt es an der düsteren Jahreszeit, oder mein Vorgesetzter hat mich am Tag zuvor richtig fertig gemacht, und ich fürchte mich, heute Morgen wieder zur Arbeit zu gehen.

An solchen Tagen muss ich mich daran erinnern, dass ich nicht immer perfekt sein kann, und dass man das Staubsaugen auch verschieben kann und dass ich mich, wenn ich von der Arbeit heimkomme, gleich auf die Couch verziehen und den ganzen Abend Xbox spielen kann und nicht daran zu denken muss, was alles zu tun wäre. Ich muss mich auch daran erinnern, dass ich an solchen Tagen um Hilfe bitten darf, dass ich meinen Mann bitten darf, für mich zu kochen, oder dass wir Essen bestellen, wenn er auch einen schlechten Tag hatte, und dass das nicht das Ende der Welt bedeutet. Nur weil ich einmal einen schlechten Tag habe, heißt nicht, dass es kein Zurück mehr gibt oder dass ich für immer versage

Wenn ich einen schlechten Tag oder sogar eine schlechte Woche hatte, versuche ich mir immer zu sagen: morgen ist ein neuer Tag und nächsten Montag eine neue Woche. Ich weiß, dass ich morgen wieder alle meine Ergänzungsmittel nehmen kann und dass ich nächste Woche besser kochen kann. Ich werde sicher stellen, dass ich nach der Arbeit Sport mache und werde mir dafür auf die Schulter klopfen, aber in diesem Augenblick kann ich das nicht, und das ist in Ordnung.

Schlussfolgerungen

Ich glaube das Größte am ‘Erwachsenwerden’ ist, freundlich zu sich selbst zu sein. Es ist so viel zu tun in unserem Leben, wir müssen an so vieles denken im Vergleich zu unserer Kindheit oder Jugend: ob es sich um die Arbeit, die Krise der Lebenshaltungskosten, unsere Freunde, unsere berufliche Entwicklung, unsere eigene geistige Gesundheit oder das Wohlergehen unseres Partners handelt, und dann kommt noch das Leben mit einer komplexen und schwierigen Ernährung dazu.

Ob freundlich zu sich selbst zu sein nun bedeutet, dass man Abläufe entwickelt, damit man in Zukunft in ein ordentliches Heim zurückkommen kann, oder nur, dass man sich eingesteht, heute einen schlechten Tag zu haben und dass man morgen von vorne anfängt oder, was das wichtigste ist, dass man sich wenn nötig Hilfe sucht. Egal wie alt wir sind, in welcher beruflichen oder privaten Situation wir stecken, das wahre Geheimnis des Erwachsenseins liegt darin, dass NIEMAND definitiv weiß, wo’s lang geht und wir uns ALLE nur vorwärts tasten.

Es gibt kein magisches Alter, ob man 18, 29 der 55 wird, wo man plötzlich den Botschafter der Wahrheit trifft, der die Bedeutung des Lebens, des Universums und von allem anderen kennt, und plötzlich verstehst Du ENDLICH, wie Du zur leistungsfähigsten und perfektesten Version deiner selbst wirst.

Man muss wissen, dass unabhängig von dem, was man online sieht oder hört, jeder genauso hilflos ist und nur sein Bestes tut, um durchzukommen. Das Wichtigste ist, dass man tut, was immer richtig für einen ist und dass man stolz auf sich ist, genauso durch die schlechten Tage kommt wie durch die guten: Morgen ist ein neuer Tag und eine neue Chance.

MAT-POA-DE-000007. Erstellt im: Januar 2024.

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